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Polemisch aber unglaublich geistreich!
- Bewertet: Einband: Taschenbuch
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Der Antichrist von Nietzsche muss man gelesen haben. Zwar könnten einige Passagen missverstanden werden, aber seine starke Polemik und Wut in diesem Büchlein, sind für mich pure intellektuelle Bereicherung. Schlussendlich ist es nicht nur eine Kritik am Christentum, es ist eigentlich eine Kritik an der Menschheit. Der gute al... Der Antichrist von Nietzsche muss man gelesen haben. Zwar könnten einige Passagen missverstanden werden, aber seine starke Polemik und Wut in diesem Büchlein, sind für mich pure intellektuelle Bereicherung. Schlussendlich ist es nicht nur eine Kritik am Christentum, es ist eigentlich eine Kritik an der Menschheit. Der gute alte Nietzsche spricht mir teilweise so sehr aus der Seele! Auch wenn ich mir immer wieder selber sagen muss, dass die Menschen eigentlich gut sind, überkommen mich auch manchmal ganz schwarze Tage an denen ich keine Hoffnung für die Menschheit sehe, in denen ich zum Zyniker werde. Zum Beispiel in folgendem Abschnitt spricht mir Nitzsche wirklich aus der Seele: »Ich unterdrücke an dieser Stelle einen Seufzer nicht. Es gibt Tage, wo mich ein Gefühl heimsucht, schwärzer als die schwärzeste Melancholie - die Menschen-Verachtung. Und damit ich keinen Zweifle darüber lasse, was ich verachte, wen ich verachte: der Mensch von heute ist es, der Mensch, mit dem ich verhängnisvoll gleichzeitig bin. Der Mensch von heute - ich ersticke an seinem unreinen Atem . . . Gegen das Vergangene bin ich, gleich allen Erkennenden, von einer grossen Toleranz, das heisst grossmütigen Selbstbezwingung: ich gehe durch die Irrenhaus-Welt ganzer Jahrtausende, heisse sie nun Christentum, christlicher Glaube, christliche Kirche, mit einer düsteren Vorsicht hindurch, - ich hüte mich, die Menschheit für ihre Geisteskrankheiten verantwortlich zu machen. Aber mein Gefühl schlägt um, bricht heraus, sobald ich in die neuere Zeit, in unsre (sic!) eintrete. Unsre (sic!) Zeit ist wissend . . . Was ehemals bloss krank war, heute ward es unanständig, - es ist unanständig, heute Christ zu sein. Und hier beginnt mein Ekel. - Ich sehe mich um: es ist kein Wort von dem mehr übrig geblieben, was ehemals Wahrheit hiess, wir halten es nicht mehr aus, wenn ein Priester das Wort Wahrheit auch nur in den Mund nimmt. Selbst bei dem bescheidensten Anspruch auf Rechtschaffenheit muss man heute wissen, dass ein Theologe, ein Priester, ein Paps mit jedem Satz, den er spricht, nicht nur irrt, sondern lügt, - dass es ihm nicht mehr freisteht, aus Unschuld, aus Unwissenheit zu lügen.« (S. 66 & 67) Und sogar, dass Nietzsche gegen Anarchisten schimpft, lasse ich diesem grossen Denker durchgehen - man kann ja schliesslich nicht überall der Selben Meinung sein . . . Für jeden Menschen, der sich mit Religionen, Religionskritik, Philosophie oder der Menschheit auseinandersetzt (also eigentlich für alle Menschen), ist das eine Pflichtlektüre!